Willem Veerkamp

Geboren wurde ich am 22. Januar 1956 im Moerwijk, dem legendären Südviertel des niederländischen Badeortes und "Residentie" Den Haag.

Trotz tollen Schülerproduktionen, Straßentheater und weniger tollen Lehrstücken von Brecht sollte ich zuerst politische Wissenschaften in Amsterdam, Göttingen und Berlin studieren, mich ein Jahr lang in den Vereinigten Staaten herumtreiben und anschließend BWL studieren, bevor ich dann so richtig Schauspieler wurde.

Es waren sieben wirbelnde Jahre Off-Theater in einer aufregenden Kulturstadt (Berlin) und ich bekam Rollen, die, würde man im Stadttheater arbeiten, sich erst nach vielen mühsamen Spielzeiten erkämpfen könnte.

Das Jahr 1989 war dann wirklich ein Wendejahr: Meine Freundin Eva wurde mit unserem Sohn Johannes schwanger und zur Freude, mit 35 Jahren endlich Vater zu werden, gesellte sich der Wunsch, auch Familienernährer zu sein. Also beschloss ich, erwachsen zu werden und absolvierte eine einjährige postgraduierte Manager-Ausbildung.Die nächsten Stationen auf diesem Pfad der Verantwortung waren dann: Verwaltungs- direktor am Thüringischen Landestheater Rudolstadt, erneute Vaterschaft (Piet und Kolja), Leiter des Kulturinstituts Scheune (Neustadt in Dresden) und Kulturentwicklungsplaner der andeshauptstadt Dresden.

Zum Glück geht das mit dem Erwachsen-Sein auch wieder weg: 1997 kehrte ich nach Berlin und zum Theater zurück, mache seitdem Kindertheater, Film, Fernsehen, Über- setzungen, leite Schauspielworkshops an Schulen, Improvisations- und Kommunikations- training für Studenten und habe aufgehört, weitere Kinder in die Welt zu setzen.Meine Rollen -> ... mehr

 

Manuela Grabowski

Voller Leidenschaft fürs Theater spielt und singt Manuela Grabowski auf etlichenTheaterbühnen Deutschlands. Einige Stationen sind: Die Dreigroschenoper (Regie Klaus Maria Brandauer), Picknick im Felde (Regie Oliver Ruuf) oder ihr Soloprogramm Liebe und Gedichte (Regie Ila Schöppe). Auch die Arbeit vor der Kamera und hinter dem Mikrofon sind ihr vertraut. Zudem verfügt sie über Erfahrung als Regieassistentin.
www.manuela-grabowski.de

 

 

Juliane Meckert


Juliane Meckert,

 

Scotty

Im Sommer letzten Jahres kam Juppy im ufaCafé auf mich zu und fragte, ob ich denn schon einen Sancho Pansa für die neue Don Quichote-Produktion hätte.
„Nicht wirklich“, antwortete ich interessiert.
Er wüsste da eine richtige Idealbesetzung. Ob ich den Scotty kenne. Ich hatte natürlich schon von dem Ex-Veranstalter der ufaFabrik gehört, war ihm aber persönlich noch nie begegnet.
„Ein toller Clown“, meinte er “nur sieht er schlecht und hatte einen Schlaganfall.“
„Mir egal, Hauptsache er ist gut.“

Kurz darauf traf ich ihn. Er war klein, dick und hatte etwas Verschmitztes.
Ob er dann Lust darauf hätte, bejahte er nach langem Zögern, fügte aber hinzu: „Ich bin fast blind.“. Kein Problem.
„Ich bin einseitig gelähmt.“ Kein Problem.
„Ich bin depressiv.“ Erstes Zögern bei mir. Dann aber der Gedanke, dass kenne ich doch irgendwie. Kein Problem.
„Meine Stimmbänder waren gelähmt.“ Nun doch ein größeres Zögern. „Das geht nicht, daran musst du arbeiten, die Leute sollen dich verstehen.“

Scotty stimmte zu, und, wenn man vom vorherigen Gesagtem absieht, hatte die Arbeit mit ihm jetzt angefangen. Auffällig war dabei der große Unterschied zwischen die Zeit vor den Proben und auf den Proben.

Vor den Proben mussten alle Beteiligten erstmal damit umgehen, dass Scotty sich am liebsten gleich umbringen möchte. Ihm war heute wieder so schummrig, die Augen und Beine taten ihm weh und er hatte wieder gar nicht geschlafen. Ja, wäre es nicht besser einen anderen zu suchen, jeder kann das besser als er.
Das war anfangs nicht einfach, meisterten wir jedoch alle mit einer Variante von: „Ist gut, Scotty, aber jetzt wollen wir erstmal arbeiten.“ Spannend war dabei, dass wir dadurch kleine Hinweise erhielten, wie wir mit unseren eigenen Depressionen umgehen könnten.

Auf den Proben war er ganz anders. Jammerte nicht und war auch bei langen Proben konzentriert und willig. Während wir anderen eine ziemlich streitlustige Bande waren, behielt er die Nerven, wirkte ausgleichend. Ein Verhalten, dass ich auch aus den Theaterworkshops kenne. Die Integrationsschüler(Hyperaktive, etc) waren eigentlich nie in ein Problem in den Workshops. Gestört haben die Halbwüchsigen. Auch amtlich bestätigte Kriminelle waren fast immer interessierte Teilnehmer.

Und wie war das dann mit den Behinderungen. Nun, das Sehen war eigentlich kein Problem. Ich vermute, dass er sich akustisch orientierte. Außerdem war noch eine Restsicht da und bei den Blacks reichte meistens eine kurze körperliche Berührung, um ihm auf den Weg zu helfen.

Beim Körperlichen können die banalsten Dinge zum Problem werden und müssen in der Inszenierung berücksichtigt werden. Einfache Wege gestalten sich nicht einfach, eine Stufe kann eine Stufe zuviel sein. Das fordert Flexibilität und Kompromissbereitschaft.

Die größte Herausforderung scheint mir aber zu sein, das alles wegzudenken, auf all das erst mal keine Rücksicht zu nehmen, immer an und über die Grenze hinaus zu gehen, weil sonst auch keine Entwicklung und ein über die Grenzen Hinauswachsen möglich ist.

Wo mit wir nicht gerechnet hatten, obwohl ich das aus dem Amateurtheater kenne, war, dass er sich schlecht Texte merken konnte. Durch eine ergiebige Improvisationsarbeit konnten wir Teilabhilfe schaffen. Zuerst wild darauf losspielen und dann später die gefundenen Sätze in den schon vorhandenen Text einbauen. Da so vieles dann seine eigenen Worte waren, fiel ihm das Auswendiglernen einfacher.

Ehrlich gesagt war es für uns mitunter einfacher mit der offensichtlichen Behinderung von Scotty umzugehen, als mit den versteckten, subtilen oder schlimmer noch unbewussten Behinderungen gesunder Menschen.

Nach dem Ende der Vorstellungsserie im vergangenen Herbst fiel Scotty wieder in seine Depression zurück. Umso erstaunlicher war es dann, als er mich zwei Monate später fragte, wann wir den Don Quichote wieder aufnehmen und was wir nächstes Jahr denn machen. Überrascht erwiderte ich, ob er wirklich Lust hat 2007 eine neue Produktion zu machen? „Ja, um dann im Würde sterben zu können.“ Naja, erstmal arbeiten.

Ob sich seine Stimme verbessert hat? Unbedingt. Es wäre aber gut, wenn er noch ein Paar Jährchen daran arbeiten würde.

Willem Veerkamp

Scotty wurde am 24.9.50 in Trier geboren und übersiedelte 1974 nach Berlin. Als einer der ufaFabrik-Gründer zog er 1978 an die Viktoriastraße, wirkte 8 Jahre lang im hauseigenen Circus als jonglierender Clown mit und baute seit 1979 das Veranstaltungsmanagement der Fabrik auf. Er steuerte und lenkte das wachsende Kulturprogramm 21 Jahre lang mit großem Erfolg, als ihn 2000 eine schwere Krankheit zum Kürzertreten zwang.

 

Hans-Georg Kipp

Kein Laut ist ihm Fremd

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bettina Stoffers

Ein Guter Geist